Kinder mit Diabetes
Nicht anders als andere Kinder
Zwischen 30.000 und 32.000 Kinder und Jugendliche sind laut Deutscher Diabetes Gesellschaft von einem Typ-1-Diabetes betroffen. Diabetes mellitus ist in Deutschland die häufigste Stoffwechselerkrankung im Kindes- und Jugendalter. Und auch wenn die Diagnose zunächst meist ein Schock ist – Dank moderner Therapien können Betroffene heute ein Leben führen, das sich von dem Gleichaltriger kaum unterscheidet. Voraussetzung dafür sind allerdings umfassende Information und gute Mitarbeit im Rahmen der Diabetestherapie.
Diagnose Typ-1-Diabetes
Ständiger Durst, nächtliches Wasserlassen, Gewichtsverlust und Heißhunger deuten oft auf einen Diabetes hin. Forscher vermuten, dass das Erkrankungsrisiko durch genetische Ursachen bestimmt und stark durch Umweltfaktoren beeinflusst wird. Wodurch jedoch genau die Stoffwechselerkrankung ausgelöst wird, weiß man bisher noch nicht. Die Diagnose verursacht verständlicherweise Angst und Unsicherheit – und wirft viele Fragen auf. Zum Glück werden Betroffene damit heute nicht mehr allein gelassen. Ein Team aus Ärzten, Diabetesberaterinnen und Psychologen steht ihnen zur Seite, um sie im Alltag zu unterstützen. Diese Hilfe sollten Eltern aktiv einfordern, damit Sie ihr Kind gut informiert und motiviert begleiten können. Denn Unterstützung durch die Familie ist für die jungen Patienten besonders wertvoll.
Behandlung von Diabetes bei Kindern
„Kinder und Jugendliche mit Diabetes mellitus sollen von einem kinderdiabetologisch erfahrenen Team betreut werden“, heißt es in einer Leitlinie der Deutschen Diabetes Gesellschaft. Solch ein Team besteht aus Kinderärzten mit Zusatzanerkennung Diabetologie oder Kinderärzten mit der Weiterbildung Kinderendokrinologie und -Diabetologie bzw. Kinderärzten „Diabetologe DDG“, Diabetesberater/-innen, Diätassistent/-innen oder Ernährungsfachkräften sowie diabetologisch geschulte Psychologen und Sozialarbeiter. Auf der Internetseite www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de können Sie Adressen von Behandlungseinrichtungen einsehen und in Ihrer Nähe suchen.
Ernährung bei Diabetes
Waren Kinder früher sehr stark durch Diabetes eingeschränkt, etwa beim Essen und beim Sport, haben sie heute dank moderner Therapien und Hilfsmittel deutlich mehr Freiheit. Sie müssen weder eine spezielle Diät halten noch ganz auf Zucker verzichten, wenn sie mit einer intensivierten Insulintherapie (ICT) oder der Insulinpumpen-Therapie behandelt werden. Menschen mit Diabetes können und sollen sich genauso ernähren wie Nicht-Diabetiker: mit einer ausgewogenen Mischung aus Kohlenhydraten, Fett und Eiweiß. Dabei sind auch Schokolade, Eis oder mal ein Fast-Food-Menü erlaubt …
Mit dem Diabetes umgehen
Der Blutzucker wird von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst, wie Nahrung, körperliche Aktivität, Erkrankungen oder Stress, auf die der Körper normalerweise durch die Ausschüttung von mehr oder weniger Insulin reagiert. Weil die Bauchspeicheldrüse bei einem Menschen mit Typ-1-Diabetes aber kein Insulin mehr produziert, muss er selbst diese Aufgabe übernehmen. Das heißt: regelmäßig Blutzucker messen, das benötigte Insulin errechnen und die entsprechende Dosis verabreichen.
Der angestrebte Langzeitblutzuckerwert, der sogenannte HbA1c, sollte unter 7,5 Prozent liegen, ohne dass schwerwiegende Unterzuckerungen auftreten. Blutzuckerschwankungen sollten generell möglichst gering gehalten werden. Kinder und Jugendliche können mit Unterstützung ihrer Eltern nach und nach in die Aufgabe hineinwachsen, ihren Diabetes selbst zu „managen“.
Im Rahmen einer Diabetesschulung erlernen Eltern und Kinder, was sie über den Diabetes wissen müssen und wie sie mit dem Diabetes umgehen müssen. Weil Kinder von Zeit zu Zeit einen „Sprung“ machen und nach und nach mehr Eigenständigkeit entwickeln, sollten sie etwa alle drei Jahre eine altersgemäße Schulung erhalten.
Diabetestherapien für Kinder
Und wie schaut Diabetesmanagement nun in der Praxis aus? Das Diabetesteam erarbeitet einen Therapieplan – entweder im Rahmen einer intensivierten Insulintherapie (ICT) oder eine Insulinpumpen-Therapie (CSII). Bei der intensivierten Insulintherapie (ICT) wird täglich mit einem sogenannten Pen ein lang wirkendes Basalinsulin injiziert, um den Insulin-Grundbedarf abzudecken. Zu den Mahlzeiten wird zusätzlich ein kurz wirkendes Insulin als Bolus injiziert, dessen Dosierung von der Kohlenhydratmenge und dem aktuellen Blutzuckerwert abhängt.
Die zweite Therapieform ist die Insulinpumpen-Therapie (CSII). Insulinpumpen sind kleine Infusionsgeräte, die den Körper kontinuierlich mit Insulin versorgen. Der Bolus für die Mahlzeiten wird per Knopfdruck abgegeben.
Eine Insulinpumpe für mein Kind?
Die Mehrheit der Kinder und Jugendlichen mit Diabetes wird mit einer Insulinpumpe behandelt, bei Kindern bis sechs Jahren sind es sogar über 90 Prozent. Die Vorteile der Insulinpumpen-Therapie sind:
- Die Insulinversorgung lässt sich besser an den tatsächlichen Insulinbedarf anpassen, auch bei körperlicher Aktivität beispielsweise Sport.
- Hohe Blutzuckerwerte am Morgen, das „Dawn-Phänomen“, lassen sich besser abfangen.
- Unterzuckerungen in der Nacht können besser vermieden werden.
- Die täglich mehrmaligen Injektionen mit dem Pen entfallen; stattdessen wird alle ein bis zwei Tage das Infusionsset gewechselt (der Blutzucker muss in allen Fällen unbedingt weiterhin regelmäßig gemessen werden).
- Die Selbstständigkeit der Kinder kann gefördert werden.
Ob eine Insulinpumpe für Ihr Kind infrage kommt, entscheidet der Arzt mit Ihnen gemeinsam. Bei Fragen zu Insulinpumpen berät Sie auch das DiaExpert Beratungsteam unter der kostenlosen Servicenummer 0800 3423973 oder auf www.diaexpert.de/pumpenberatung
Kontinuierliche Glukosemessung (CGM)
CGM- und FGM-Systeme messen mit einem Sensor, der rund um die Uhr getragen wird, kontinuierlich den Zuckerwert und senden ihn an ein Anzeigegerät. Das kann die Messungen an der Fingerbeere ersetzen. Außerdem verfügen CGM-Systeme zusätzlich über Alarmfunktionen, die vor Unterzuckerungen bzw. zu hohen Werten warnen und lassen sich teilweise mit Insulinpumpensystemen verknüpfen. Mehr zum Thema CGM-Systeme finden Sie in diesem Beitrag:
Wenn ein Kind an Diabetes erkrankt, ist es nur natürlich, dass die Eltern wieder mehr „überwachen“ wollen und je nach Alter auch müssen. Viele Eltern sind dabei unsicher, was sie ihrem Kind in Bezug auf die Diabetestherapie zutrauen dürfen. Grundsätzlich gilt: Beziehen Sie das Kind so früh wie möglich in die Therapie mit ein. Lassen Sie es machen, was es machen kann und unterstützen Sie es da, wo seine Möglichkeiten erschöpft sind. Übertragen Sie aber auch nicht zu früh die komplette Verantwortung, sondern engagieren Sie sich in jedem Alter, auch während der Pubertät.
Größere Kinder im Vorschulalter können schon selbst den Blutzucker messen, wenn sie möchten. Das Ablesen und das Interpretieren der Werte bleibt natürlich den Eltern bzw. Bezugspersonen überlassen. In diesem Alter verstehen die Kinder auch schon einfache Zusammenhänge zwischen Nahrungsmitteln und ihrer Wirkung auf den Blutzucker. Außerdem sollten sie lernen, auf bestimmte „Symptome“ zu achten und zu sagen, wenn es ihnen nicht gut geht (Unterzuckerung).
Kinder im Grundschulalter bis zur Pubertät können den Blutzucker selbst messen, auch in der Schule und im Bedarfsfall den Wert per Handy an die Eltern durchgeben. Sie sollten wissen, was sie beim (Schul-)sport zu beachten haben. Die Kinder können jetzt schrittweise lernen, selbst Insulin mit dem Pen zu injizieren bzw. den Bolus über die Insulinpumpe per Knopfdruck abzugeben. Bei der Dosierung des Insulins kann oft noch Hilfe erforderlich sein. Auch sollten sie schrittweise in die BE-Schätzung einbezogen werden. Und: Jetzt sind regelmäßige altersgerechte Schulungen wichtig.
Jugendliche in der Pubertät begreifen nach und nach den Diabetes als etwas, mit dem sie lebenslang werden umgehen müssen. Durch die hormonellen Schwankungen in dieser Zeit neigen sie zu stärker variierenden, nicht nachvollziehbaren Blutzuckerspiegeln. Möglicherweise entwickeln sie auch eine „Null-Bock-Haltung“, die sich in deutlich verschlechterten HbA1c -Werten niederschlägt. Trotzdem nehmen die meisten die Therapie immer mehr in die eigene Hand (und sollen es auch). Sie wollen sich immer weniger kontrollieren lassen; trotzdem sollten die Eltern liebevoll, aber bestimmt nachfragen, wie der Diabetes geführt wird. Oft akzeptieren sie den Arzt oder die Diabetesberaterin eher als Gesprächspartner als die Eltern. Außerdem sollten sie die Vorteile des elektronischen Datenmanagements via Blutzuckermessgerät und/oder Insulinpumpe kennen lernen, das weitgehend die Dokumentation erspart.
Auch sie brauchen eine altersgerechte Schulung, in der Themen wie Essen, Alkohol und Sexualität behandelt werden.
Informieren und austauschen
Die größte „Selbsthilfegruppe“ für Kinder mit Diabetes und ihre Eltern gibt es im Internet unter www.diabeteskids. de. Vor allem Eltern finden hier Hilfe und Verständnis bei Problemen mit ihren Kids, sei es zur Therapie oder Erziehung. Anmelden genügt, die Mitgliedschaft ist kostenlos. www.diabetes-kids.de ist kein rein virtuelles Netz: Die Mitglieder können über die Seite auch Kontakte zu Familien in der Nähe suchen und sich persönlich treffen.
Weiterführende Informationen
Die größte „Selbsthilfegruppe“ für Kinder mit Diabetes und ihre Eltern gibt es im Internet unter
www.diabetes-kids.de. Vor allem Eltern finden hier Hilfe und Verständnis bei Problemen mit ihren Kids, sei es zur Therapie oder Erziehung. Anmelden genügt, die Mitgliedschaft ist kostenlos. diabetes-kids.de ist kein rein virtuelles Netz: Die Mitglieder können über die Seite auch Kontakte zu Familien in der Nähe finden und sich persönlich treffen. Auch DiaExpert arbeitet eng mit Diabetes-kids zusammen.
Auf der Seite www.diabetes-kinder.de der Arbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Diabetologie (AGPD) finden Eltern viele Informationen und Materialien wie Broschüren für Kindergarten und Schule.
Unter „Leitlinien“ können Sie auf www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de die evidenzbasierten Leitlinien und Praxisempfehlungen zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Diabetes einsehen. Außerdem können Sie nach Behandlungseinrichtungen in Ihrer Nähe suchen.
Eine Auswahl an Büchern zum Thema Kinder und Jugendliche mit Diabetes halten wir auf www.diaexpert.de bereit.
Regionale Termine für Ferienfreizeiten für Kinder und Jugendliche finden Sie beispielsweise unter:
www.diabetikerbund.de (auf den Seiten der Landesverbände)